Im Gedenken an Prof. Dr. Wilhelm H. Kegel
Nachruf: Prof. Dr. Wilhelm Kegel (1936–2019)
Das Zentrum für Astronomie und Astrophysik trauert um seinen langjährigen Gastprofessor, Kollegen und Freund Wilhelm Kegel, der am 13.9.2019 verstorben ist.
Wilhelm Kegel wurde am 9.12.1936 in Bethlehem (Pennslyvania/USA) geboren und kehrte 1939 mit seiner Familie nach Berlin zurück. Eingeschult wurde er zunächst in Lunow, später besuchte er ein Internat in Plön und machte schließlich 1956 Abitur in Frankfurt/Main. Nach dem Abitur studierte er Mathematik und Physik zunächst in Frankfurt, ging dann aber bald nach Kiel und wurde dort 1962 bei dem bekannten Astrophysiker Albrecht Unsöld (der ein Schüler von Arnold Sommerfeld war), in Astrophysik über die Atmosphäre von Gamma Serpentis Sterne promoviert. Anschließend wollte er die Spektren, die er als Doktorand untersucht hatte genauer und grundlegender verstehen, und ging daher nach München zu dem ebenfalls international renommierten Plasmaphysiker Arnulf Schlüter, und dies obwohl ihm in Kiel zuvor eine feste Stelle angeboten wurde. Er machte sich dort schnell einen Namen als Experte für Strahlungstransportfragen. Nach der Beschäftigung mit fundamentalen Fragen der Plasmaphysik wandte er sich wieder mehr der Astrophysik zu und ging 1970 an die Universität Heidelberg an das Institut für Theoretische Plasmaphysik, das damals von Gerhard Traving und Bodo Baschek geleitet wurde, wo er letztendlich eine C3-Professur inne hatte. Dort arbeitete er mit Erwin Sedlmayr, Hans-Peter Gail und Gerhard Traving zusammen. Schließlich wurde er an die Universität Frankfurt auf eine C4-Professur berufen und baute dort sehr erfolgreich den Fachbereich Astrophysik als international renommierter Astronom auf. Wissenschaftlich beschäftigte er sich u.a. in dieser Zeit mit der Interpretation von Maserlinien in Molekülwolken und der Anwendung plasmaphysikalischer Methoden auf Probleme in der Astrophysik. Er nutzte etwa die Parallelen der Wechselwirkung von geladenen Teilchen im Plasma zur gravitativen Wechselwirkung von Massen (ohne Ladung) aus, was zu einer Fluktuationstheorie und der Erzeugung von Turbulenz im Plasma durch „kollektive“ Wechselwirkungen von Massen führte. In diese Zeit fiel auch das Erscheinen seines hervorragenden Lehrbuchs „Einführung in die Plasmaphysik“, in der in didaktisch exzellenter Weise grundlegende plasmaphysikalische Prozesse für Studenten verständlich erklärt werden. Nach seiner Pensionierung im Jahr 2002 holte ihn der damalige Leiter des Zentrums Erwin Sedlmayr als Gast an das Zentrum für Astronomie und Astrophysik (ZAA). Er blieb auch weiterhin dem ZAA verbunden, nachdem ich 2008 die Leitung übernommen habe. Er beteiligte sich immer intensiv an wissenschaftlichen Diskussionen und Seminaren, und war von allen Mitgliedern des ZAA ein hochgeschätzter Diskussionspartner. Seine fachliche Kompetenz und seine zurückhaltende und liebenswürdige Persönlichkeit haben bei allen einen großen und bleibenden Eindruck hinterlassen. Er wird uns sehr fehlen. Unsere Teilnahme gilt seiner Familie.
Berlin, 20.9.19
Dieter Breitschwerdt
Leiter des Zentrums für Astronomie und Astrophysik