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TU Berlin

Photodestruction and Growth of Interstellar Polycyclic Aromatic Hydrocarbons

Thierry Allain

Dissertation, Technische Universität Berlin, 1996

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Zusammenfassung:

Die Entdeckung einer Reihe von Emissionsbanden in den Infrarot-Spektren von verschiedenen Quellen, die durch ein starkes UV Strahlungsfeld charakterisiert sind (Aktive Galaxien, Reflektionsnebel, Planetarische Nebel, HII Regionen, ...), gaben den Anlaß zu einem der aufregendsten Rätsel der modernen Astrophysik (Gillet et al. 1973). Bis 1984 konnten keine überzeugenden Szenarien zur Erklärung des kompletten Satzes von Emissionsbanden gefunden werden und so wurden diese Emissionsbanden in der Astrophysik bekannt unter dem Namen "Unidentified Infrared" (UIR) Banden. Als erste bemerkten Léger und Puget (1984) sowie Allamandola et al. (1985) die Übereinstimmung zwischen den infrarot Vibrationsmoden der Polyaromatischen Kohlenwasserstoffe (PAHs) und den UIR Banden. Sie schlugen daher vor, daß freie PAHs die Träger der UIR Banden seien. Ausgehend von dieser Annahme leiteten diese Autoren eine hohe Häufigkeit von PAHs im Interstellaren Medium (ISM) ab. Jedoch ist die Zuordnung der UIR
Banden zu den Vibrationsbanden freier PAHs immer noch fraglich und es wurden auch andere Vorschläge zur Erklärung der UIR Banden gemacht. Mit anderen Worten ist die Existenz großer Mengen an PAHs im Universum immer noch eine nicht entschiedene Streitfrage in der astrophysikalischen Gemeinschaft.

Das Anliegen der vorliegenden Dissertation ist es, unabhängig von astronomischen Beobachtungen neue Informationen über interstellare PAHs zu bekommen. Es sollen ausschließlich experimentelle Ergebnisse und theoretische Rechnungen verwendet werden, mit dem Ziel die charakteristischen Eigenschaften von PAHs zu bestimmen, die in der Lage sind, unter den physikalischen Bedingungen des ISM zu überleben. Die Rechnungen werden einerseits für die Regionen in denen die UIR Banden beobachtet sind, und andererseits für die zirkumstellaren Hüllen (ZSH) von C-Sternen, für die seit 1983 bekannt ist, daß sich dort PAHs bilden (Keller & Sedlmayr 1983), durchgeführt.

Im ersten Teil der Arbeit werden Photozerstörungsraten für PAHs in der ISM berechnet, wobei experimentelle Ergebnisse von Jochims et al. (1994) verwendet werden. Dabei werden astrophysikalisch relevante Raten, d.h. integriert über das interstellare Strahlungsfeld, für die Photodissoziation von Wasserstoff und Azethylen von PAH Molekülen abgeleitet.

Da häufig angenommen wird, daß PAHs unter den Bedingungen in der ISM möglicherweise ionisiert und teilweise dehydriert sind, wird eine Methode entwickelt, die simultan die Wasserstoffsättigung sowie den Ionisationsgrad der PAHs berechnen kann. Dieses Verfahren wird für die astrophysikalischen Bedingungen angewendet, unter denen UIR Banden beobachtet werden.

Um die Photodissoziation dieser ionisierten und teilweise dehydrierten PAHs zu studieren, wird ein Modell entwickelt, das den Ansatz, der für PAH Moleküle benutzt wird, auf PAH Kationen und PAHs mit geringer Wasserstoffsättigung erweitert. Es wird gezeigt, daß die Photodissoziation von Wasserstoff und Kohlenstoffteilchen von ionisierten und teilweise dehydrierten PAHs größer ist als die ihrer entsprechenden Moleküle. Dies gilt insbesondere für teilweise dehydrierte PAHs, die sehr instabil gegenüber Photozerstörung sind. Vergleicht man die Rate für Photodissoziation von Azethylen mit der ihrer Rückrate, d.h. Anlagerung von Kohlenstoffteilchen, so kann man daraus schließen, daß nur PAHs mit mehr als 50 Kohlenstoffatomen in der Lage sind, das UV Strahlungsfeld in den Regionen zu überleben, die UIR Banden zeigen.

Da PAHs mit 50 und mehr Kohlenstoffatomen in der ISM möglicherweise überleben können, ist es sinnvoll die Regionen zu studieren, in denen sie sich bilden und in denen sie wachsen. Der zweite Teil dieser Dissertation befaßt sich daher mit PAHs in zirkumstellaren Hüllen. Zur Untersuchung diese Problems werden die stationären Windmodelle für staubbildende zirkumstellare Hüllen um späte C-Sterne verwendet, die am Institut für Astronomie und Astrophysik der TU Berlin entwickelt wurden. Insbesondere wird dabei ein Model für IRC+10216 verwendet (Winters et al. 1994, Winters 1994), dem nächsten und am häufigsten untersuchten kohlenstoffreichen Roten Riesen.

Alle Prozesse, die PAH Bildung begünstigen, werden untersucht. Auf der Basis dieser Untersuchungen wird dann die Dichte kleiner PAHs abgeschätzt. Es wird dabei bestätigt, daß PAHs durch aufeinanderfolgende Wasserstoffabstreif- sowie Azethylenanlagerungsreaktionen bis zu makroskopischer Größe wachsen. Der Übergang von PAHs zu Staubteilchen wird numerisch untersucht, mit dem Ergebnis, daß PAHs möglicherweise die Keime für Staubteilchen darstellen.

Außerdem werden die Prozesse untersucht, denen die PAHs unterliegen, wenn sie die äußeren Bereiche der zirkumstellaren Hülle erreichen. Um verläßliche Berechnungen zu ermöglichen, werden neue Werte für die optische Tiefe im Staub sowie in den Molekülen in den Hüllen von C-Sternen berechnet. Unter Verwendung dieser Ergebnisse werden die PAH-Ionisation und Hydrierungszustände für IRC+10216 abgeschätzt. Das Wachstum durch die Anlagerung von C^+ sowie die Photozerstörung von PAHs werden mit dem Ziel untersucht, die Größenverteilung der PAHs abzuschätzten, die an die ISM abgegeben werden. Obwohl gezeigt werden kann, daß die Wachstums- und Zerstörungsprozesse schnell genug erfolgen, um die PAH Größenverteilung auf dem Weg vom Innern der Hülle bis zur ISM zu modifizieren, kann aufgrund des Fehlens von Daten bzgl. der Prozesse, die nach dem Stoß zwischen PAHs und C^+ auftreten, nicht endgültig entschieden werden, wie die Größenverteilungsfunktion der PAHs am Übergang in die ISM
aussieht.

Eine direkte Anwendung dieser Arbeit ist die theoretische Abschätzung der Dichte von PAHs in der ISM. Dies ergibt sich einfach aus dem Gleichgewicht der Prozesse, die zum Anreichern mit PAHs (Bildung und Wachstum in situ, Beiträge von C-Sterne, Stoß wellen) bzw. zum Verschwinden von PAHs (Photozerstörung, Stoß mit Gasteilchen, sputtering) führen. Mit Hilfe dieser Arbeit und weiterer experimenteller Untersuchungen wird es möglich sein zu entscheiden, ob PAHs so ein allgegenwärtiger und häufiger Bestandteil der ISM sind, wie es die Beobachtungen implizieren.

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